Stadtlexikon Darmstadt

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Rathäuser, Stadthäuser

Das Alte Rathaus war für Jahrhunderte der Sitz der Darmstädter Stadtverwaltung, die bis ins 19. Jahrhundert hinein noch wenig differenziert war und nur wenige Bedienstete umfasste. Mit der raschen Zunahme von Verwaltungsaufgaben in der stark wachsenden Stadt des Industriezeitalters (Industrialisierung, Stadtgeschichte) wurde auch eine räumliche Ausdehnung der Verwaltung unumgänglich. Seit den 1870er Jahren wurden mehr und mehr Dienststellen aus dem Rathaus in angemietete Häuser in der Innenstadt verlegt. 1885 erwarb die Stadtverwaltung das Wohnhaus Rheinstraße 16 und baute es zu einem Stadthaus um, das bald ebenfalls nicht mehr ausreichte. 1904 wurde das Nachbarhaus Nr. 18 erworben, und beide Gebäude zu einem geräumigen Stadthaus umgebaut, das bis zur Zerstörung 1944 den zentralen Sitz der Stadtverwaltung bildete. Im Alten Rathaus tagte weiter die Stadtverordnetenversammlung, außerdem waren Standesamt und Ortsgericht dort untergebracht. Bereits 1913 und noch einmal 1927 entwarf Stadtbaurat August Buxbaum ein monumentales Rathaus auf dem Gelände des Palaisgartens, das jeweils nicht verwirklicht wurde. In den 1930er Jahren wurde der von Franz Heger 1827 errichtete Erweiterungsbau der alten Artilleriekaserne (Kasernen) in der Grafenstraße 30 als Sitz der Bauverwaltung und der Stadthauptkasse eingerichtet. Einzelne Dienstellen wie das Stadtmuseum (Schlossgraben, ab 1935 Pädagogstraße), die Stadtbibliothek (Pädagogstraße), das Stadtarchiv (Hügelstraße), die Städtische Kunstsammlung (Mathildenhöhe) und die Akademie für Tonkunst (Elisabethenstraße) besaßen eigene Dienstgebäude.

1944 fielen die Stadthäuser in der Rheinstraße und Grafenstraße und fast alle anderen Dienststellen den Bomben zum Opfer. Ab 1945 war die Stadtverwaltung notdürftig in der Eleonorenschule untergebracht. Die Bau- und Liegenschaftsverwaltung konnte 1948 die ehemalige Kaserne in der Bessunger Straße, die den Krieg überdauert hatte, beziehen. Für viele Ämter wurden Behelfsunterkünfte eingerichtet oder Büroräume angemietet. Im Rahmen der Ausstellung Meisterbauten entwarf Oberbaudirektor Peter Grund den Neubau für ein Stadthaus auf dem Gelände des Gartens des zerstörten Alten Palais am Luisenplatz, das die gesamte Verwaltung einschließlich der StaVo aufnehmen sollte. Obwohl die Stadtverordneten den Bau im März 1954 beschlossen hatten, wurde er nicht verwirklicht. Auch Planungen für einen Stadthausbau auf dem Gelände des früheren Neuen Palais (heute Georg-Büchner-Anlage) zerschlugen sich (1959-61). Bis 1958 blieb die Eleonorenschule Sitz der Stadtverwaltung. Dann wurde an der Stelle der alten Bauverwaltung in der Grafenstraße, Ecke Elisabethenstraße, das neue Stadthaus I bezugsfertig, in das Stadtverordneten-Büro, Magistrat, Haupt- und Finanzverwaltung einzogen. Gleichzeitig zogen Pressestelle, Kultur- und Sportamt, Volkshochschule und die Verwaltung des Stadtmuseums in eine gemietete Etage eines Neubaus in der Adelung-, Ecke Saalbaustraße. Museum und Volkshochschule zogen 1964 zusammen mit der Stadtbibliothek in das Justus-Liebig-Haus. Da ein geplanter Erweiterungsbau auf dem Stadthausparkplatz (Grundstücke Adelungstrasse 4 und 6) für die immer noch beengt untergebrachte Verwaltung scheiterte, zogen Schul-, Sport- und Kulturamt Mitte der 1960er Jahre in das John-F.-Kennedy-Haus an der Kasinostraße. Die Sozialverwaltung wurde in zwei Gebäuden am Groß-Gerauer Weg untergebracht.

1961/62 schrieb die Stadt einen Architekturwettbewerb zum Bau eines Rathauses am Luisenplatz aus. Aus den 55 eingereichten Entwürfen ging derjenige des Frankfurter Architekten Alfred Schild als Sieger hervor. Aber weder dieser noch einer der anderen Entwürfe wurden gebaut. Stattdessen bezogen Magistrat, Haupt-, Presse- und Verkehrsamt die Obergeschosse des 1977 fertig gestellten Luisencenters (Neues Rathaus am Luisenplatz). Gleichzeitig zogen weitere Dienststellen in das benachbarte Gebäude der früheren HEAG-Verwaltung (Stadthaus II) ein, das diese 1977 freigemacht hatte. Im Zuge der Neugestaltung des Geländes um die ehemaligen HEAG-Hallen (Carree) mussten 1992 bis 1994 Teile der Verwaltung in gemietete Gebäude in der Berliner Allee und in der Havelstraße umziehen. An der Stelle des alten HEAG-Gebäudes entstand 1994 das neue Stadthaus Luisenplatz 5 A. Ihre heutige Verteilung erhielt die Stadtverwaltung mit dem Bau des Stadthauses III an der Frankfurter Straße 71, das der Bauverein 1997 im Zuge der Neubebauung des Geländes des ehemaligen Schlachthofs (Bürgerparkviertel) errichtete.

Heute ist die Stadtverwaltung an vier Standorten konzentriert: 1. Stadthaus Frankfurter Straße: Sozialverwaltung, Wohnungs-, Liegenschafts-, Ausgleichs-, Sport-, Schul- und Kulturamt, Frauenbüro, Familienzentrum, Stadt- und Kreisbildstelle und Personalrat. 2. Technisches Stadthaus Bessunger Straße/Niersteiner Straße: Bau- und Liegenschaftsverwaltung. In den 1980er Jahren entstanden hier Neubauten für das frühere Fuhr- und Reinigungsamt, den jetzigen EAD (Stadtreinigung), der allerdings 2011 seinen neuen Standort auf der „Knell“, dem ehemaligen Eisenbahn-Ausbesserungswerk fand. 3. Das Neue Rathaus im Luisencenter und an der Luisenstraße: Magistrat, Stadtverordneten-Büro, Hauptverwaltung, Bürgerinformationszentrum. 4. Stadthaus Grafenstraße: Meldebehörden, Ordnungsamt und Finanzverwaltung.

2008 sicherte sich die Stadt DA das Vorkaufsrecht für das Kollegiengebäude auf dem Luisenplatz, um nach Umbau des Gebäudes ein neues repräsentatives Rathaus in zentraler Lage zu besitzen. 2011 nahm man jedoch von den Plänen wieder Abstand, zumal ein Auszug der Mitarbeiter des Regierungspräsidiums aus dem historischen Verwaltungsgebäude sich nicht abzeichnete. Seitdem bestimmt der geplante Neubau eines Rathauses, zunächst auf dem Gelände des ehemaligen Eisenbahn-Ausbesserungswerks („Knell“), nunmehr auf dem Marienplatz, die – teils kontroversen – Diskussionen in Politik und Bürgerschaft.