Stadtlexikon Darmstadt

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Palais

In DA wurden vom 17. bis zum 19. Jahrhundert eine Reihe von Palais errichtet, die mit Ausnahme des Prinz-Georg-Palais und Teilen des Palais Prinz Karl heute nicht mehr vorhanden sind. Es handelte sich um Wohnbauten für Angehörige der landgräflichen bzw. großherzoglichen Familie, die im Schloss keinen Platz mehr fanden bzw. nicht mehr dort wohnen wollten. Bis zum Tod Ludwigs VI. hatte die Fürstenfamilie im Schloss gewohnt. Ernst Ludwig residierte zeitweise auf Jagdschloss Kranichstein und nach dem Schlossbrand 1715 im Landgraf-Johann-Haus, einem stattlichen Renaissancepalais an der Nordostecke des Marktplatzes direkt beim Schloss, das um 1600 von Landschreiber Johann Weitzel errichtet worden war. 1603 ging es in landgräflichen Besitz über. Seinen Namen erhielt das Gebäude von Landgraf Johann von Hessen-Braubach, einem Bruder Georgs II., der hier einige Jahre wohnte. Von 1769 bis 1904 beherbergte das Gebäude die Hofapotheke (Apotheken), danach die Gaststätte „Zum Schiller-Eck“ und das Herrenmodegeschäft von Wilhelm Deuster. 1830 wurde das Landgraf-Johann-Haus klassizistisch überformt und umgebaut. In der Brandnacht brannte das Gebäude völlig aus und wurde beim Wiederaufbau des Marktplatzes vollständig abgetragen. Am Marktplatz, Ecke Ludwigstraße standen zwei markante Renaissance-Häuser, die 1708 von dem Geheimen Rat Kameytski zu einem Doppelhaus vereint und palaisartig ausgebaut wurden. Berühmt war der zugehörige, mit einer eigenen Orangerie ausgestattete parkähnliche Garten. Nach dem Tod Kameytskis 1726 fiel das Palais an den Hof und wurde als Gästehaus genutzt. Von 1777 bis 1790 wohnte Erbprinz Ludwig (Ludewig I.) dort. Die im 19. Jahrhundert wieder getrennten und mehrfach umgebauten Häuser wurden 1944 zerstört.

An der Südwestecke des Marktplatzes stand das Marktpalais. Das im Besitz Ludwigs VIII. befindliche Gebäude entstand 1748 durch Umbau eines aus dem späten 17. Jahrhundert stammenden Doppelhauses. 1764 schenkte Ludwig es seinem Sohn Georg Wilhelm, der auch schon das Prinz-Georg-Palais sein eigen nannte. Als 1768 Georg Wilhelms Tochter Friederike den Herzog Carl von Mecklenburg-Strelitz heiratete, wurde das Marktpalais 1772 durch den frühklassizistischen Anbau des Mecklenburgischen Palais erweitert (heute Henschel), so genannt, weil Luise von Mecklenburg-Strelitz, die spätere Königin von Preußen, hier von 1785 bis 1793 bei ihrer Großmutter, der Witwe Georg Wilhelms, lebte. Nach 1822 kamen beide Häuser in Privatbesitz und wurden zu Geschäftshäusern umgestaltet.

Als die Hochzeit von Erbgroßherzog Ludwig (Ludwig II.) mit Wilhelmine von Baden (1804) bevorstand, wurde die am Südrand des späteren Luisenplatzes liegende Dragonerkaserne von Hofbaumeister Michael Mittermayer 1802/03 zu einem standesgemäßen Palais für das junge Paar ausgebaut, dem später so genannten „Alten Palais“. Unter Georg Mollers Leitung wurde acht Jahre später der Palaisgarten angelegt und mit der Erweiterung der Flügelbauten um Remise und Stallungen begonnen. 1841/42 erweiterte Moller das Palais ein weiteres Mal und nahm einige Veränderungen im Innern vor. Nach dem Tod Ludwigs III. und der Errichtung des Neuen Palais (s. u.) diente das Alte Palais nicht mehr als Wohnsitz der großherzoglichen Familie, sondern wurde als Repräsentations- und Gästehaus genutzt. Nach dem Ersten Weltkrieg bis zu seiner Zerstörung in der Brandnacht diente es in Teilen auch als Sitz der Landesregierung. Die Mauerreste wurden 1951 abgetragen und das Gelände als Grünfläche gestaltet. 1975 bis 1977 entstand auf dem Gelände des Alten Palais und des anschließenden Palaisgartens das Luisencenter.

Von 1863 bis 1866 errichtete Baumeister Conrad Kraus aus Mainz auf dem Gelände des ehemaligen Botanischen Gartens ein Palais für Großherzog Ludwig IV. und seine Gemahlin Alice, das den Namen „Neues Palais“ erhielt. Das im englischen Stil gestaltete großzügige Gebäude löste das nunmehrige Alte Palais als fürstlichen Wohnsitz ab. Bei einem Umbau durch Ludwig Hofmann im Jahr 1900 wurde das ursprüngliche Flachdach des Neuen Palais durch ein Mansarddach ersetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende des Großherzogtums blieb das Neue Palais im Besitz der großherzoglichen Familie. Nach dem Tod Ernst Ludwigs (09.10.1937) und seiner Familie (Flugzeugabsturz am 16.11.1937) erwarb die Stadt DA das Neue Palais und nutzte es für repräsentative Zwecke, als Sitz des Standesamts und der Städtischen Musikschule für Jugend und Volk. Seit 1942 hatte auch die Gestapo hier ihren Sitz. In der Brandnacht brannte das Gebäude bis auf die Umfassungsmauern aus. Zunächst war der Wiederaufbau für Zwecke der Akademie für Tonkunst geplant. Schließlich wurde jedoch die Ruine 1955 abgerissen. An ihrer Stelle erstreckt sich heute die Georg-Büchner-Anlage vor dem Staatstheater.

1793 wurde an der Südwestecke des Luisenplatzes mit dem Bau eines klassizistischen Palais für Prinz Georg Karl (1754-1830), Schwager Ludewigs I., begonnen. Das von Johann Helfrich Müller entworfene Gebäude wurde zunächst nicht fertig gestellt, zumal der Bauherr kein Interesse mehr daran hatte. Erst 1803 wurde es vollendet, als Prinz Christian (1763-1830), der jüngste Bruder Ludewigs I., es übernahm. Nach dessen Tod erwarb die Landesregierung das Gebäude und ließ es 1836 bis 1839 von Georg Moller und dessen Schüler Georg August Lerch zum Ständehaus, dem Sitz des Landtags, umbauen. Nach der Auflösung des Parlaments durch die Nationalsozialisten 1933 diente das Palais als Verwaltungsgebäude der Landesregierung, wurde in der Brandnacht 1944 größtenteils zerstört und einige Zeit nach Kriegsende abgerissen. Die Sparkasse erwarb das Grundstück, um hier 1955/56 die von Ernst Samesreuther entworfene neue Hauptstelle zu bauen.

An der Stelle des heutigen Postamts auf dem Luisenplatz stand früher das Palais Prinz Alexander. Es wurde 1804 vom Mainzer Baumeister Georg Schmuttermeyer (1748-1829) als Wohnhaus für Hofkammerrat Michael August Moldenhauer (†1815) errichtet und ging über andere Eigentümer in den Besitz von Prinz Alexander von Battenberg über, der dem Gebäude den Namen gab. Er ließ es zwischen 1862 und 1864 von Stadtbaumeister Johann Jordan umbauen, der dem Haus den charakteristischen Säulenvorbau gab. Seit 1897 gehörte das Palais zur Reichspost. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bis auf die Außenmauern zerstört und von 1956 bis 1962 durch einen Neubau für die Post ersetzt.

1836 errichtete Georg Moller für Prinz Carl, den jüngeren Bruder Ludwigs III., und seine Gattin Elisabeth von Preußen in Bessungen an der Wilhelminenstraße ein Palais, einen einfachen klassizistischen Bau, der nach dem Hausherrn „Prinz-Carl-Palais“ genannt wurde. Mehr als 30 Jahre hing in diesem Gebäude, in dem Großherzog Ludwig IV. geboren wurde, die Darmstädter Madonna, die Elisabeth aus dem väterlichen Erbe 1852 nach DA geholt hatte. 1900 übernahm die Landesversicherungsanstalt das Gebäude, das seitdem mehrfach umgebaut und durch Anbauten erweitert wurde.

Lit.: Haupt, Georg: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Darmstadt, 2 Bde., Darmstadt 1952-54, S. 62f., 89-91, 168-170, 234-244; Tücks, Petra: Das Darmstädter Neue Palais. Ein fürstlicher Wohnsitz zwischen Historismus und Jugendstil, Darmstadt 2005.