Stadtlexikon Darmstadt

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Merck, Johann Heinrich

Verwaltungsbeamter, Schriftsteller, Naturforscher
* 11.04.1741 Darmstadt
† 27.06.1791 Darmstadt
Der jüngste Sohn des Apothekers Johann Franz Merck und einziges Kind aus dessen zweiter Ehe mit Elisabeth Katharina Kayser verbrachte mit Ausnahme seiner Studienzeit und einiger Reisen sein ganzes Leben in DA. Von 1752 bis 1757 besuchte er das Pädagog, das Johann Martin Wenck nach pietistischen und humanistischen Erziehungsprinzipien leitete. Im Herbst 1757 nahm Merck ein Studium der Theologie in Gießen auf. Während seiner weiteren Ausbildung in Erlangen, Dresden und Leipzig widmete er sich vornehmlich literarischen und künstlerischen Studien. Als Hofmeister eines jungen Adligen lernte er 1765 in Morges am Genfer See Louise Françoise Charbonnier kennen. Mit seiner schwangeren Frau kehrte er 1766 nach DA zurück und trat als Sekretär in den Hofdienst ein. Als Schriftleiter des nachmals berühmten Jahrgangs 1772 der „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ begegnete Merck im Dezember 1771 dem jungen Beiträger Johann Wolfgang Goethe, führte ihn in den Kreis der „Darmstädter Empfindsamen“ (1770-73) ein und brachte im Selbstverlag Goethes frühe Schriften, darunter das Schauspiel „Götz von Berlichingen“, heraus. 1773 begleitete Merck Landgräfin Henriette Karoline auf der Reise nach St. Petersburg.

Eine vergleichsweise bescheidene Karriere – 1768 wurde er zum Kriegszahlmeister, 1774 zum Kriegsrat, 1782 (ohne Einkommens- oder Machtzuwachs) zum wirklichen Kriegsrat ernannt – gestattete ihm Freiräume für seine universalen geistigen Interessen. Merck, der als einer der ersten das Wort „intellektuell“ im Deutschen gebrauchte, wurde ein gefragter Publizist. Von 1773 bis 1775 lieferte er Rezensionen für Friedrich Nicolais „Allgemeine Deutsche Bibliothek“, das Zentralorgan der Berliner Aufklärung, von 1776 bis 1781 war er der wichtigste Mitarbeiter Christoph Martin Wielands am „Teutschen Merkur“, der ersten deutschen Kulturzeitschrift. Mit stilistischer Brillanz und scharfer Urteilskraft entwickelte er in seinen Rezensionen und Essays zeitgemäße Kriterien der Kunst- und Literaturkritik. Daneben schrieb er Gedichte, Fabeln, Verssatiren und Erzählungen, die er im Selbstverlag oder in Zeitschriften und Almanachen veröffentlichte.

1780 scheiterte Mercks Versuch, durch die Teilnahme an der Kampagne gegen Friedrich Carl von Moser doch noch eine höhere Stellung in der Darmstädter Regierung zu erlangen. Etwa zur gleichen Zeit verlagerte sich sein Interesse auf die Naturforschung. Er legte umfangreiche mineralogische, zoologische und paläontologische Sammlungen an und schrieb eine Reihe von Abhandlungen, darunter die drei so genannten „Knochenbriefe“ (1782-86), in denen er als einer der Ersten vergleichende Anatomie betrieb. Von DA aus knüpfte er Briefkontakte zu führenden Gelehrten Europas, die ihn, den „simple amateur“, als einen der Ihren gelten ließen. Merck zu Ehren benannte Johann Jakob Kaup das zwischeneiszeitliche Nashorn im Großherzoglich Hessischen Landesmuseum DA ‚Rhinoceros merckii‘.

Die Jahre 1787/88 brachten eine Lebenskrise. Die von Merck gegründete Baumwollspinnerei ging in Konkurs, eine schwere Krankheit zerrüttete Körper und Geist. 1790/91 reiste Merck im Auftrag des Landgrafen Ludwig X. (Ludewig I.) nach Paris. Überzeugt von den Idealen der Französischen Revolution nach DA zurückgekehrt, betrachtete er seine Lage bei Hof als ausweglos und bereitete seinem Leben durch einen Pistolenschuss ein Ende. Beerdigt wurde er an der Kirchhofmauer, das Grab ist nicht mehr erhalten. Seiner Vaterstadt, der er, wenn auch mit kritischem Vorbehalt, stets verbunden war, hat er 1780 mit der „Beschreibung der vorzüglichsten Gärten um Darmstadt“ ein Denkmal gesetzt. Von seinen sieben Kindern erreichten nur drei das Erwachsenenalter. Die Tochter Adelheid, verheiratet mit ihrem Stiefcousin Johann Anton Merck, war die Mutter von Heinrich Emanuel Merck, der die Familienapotheke (Engel-Apotheke) zur pharmazeutisch-chemischen Fabrik (Merck) ausbaute.

Lit.: Leuschner, Ulrike / Luserke-Jaqui, Matthias (Hrsg.): Netzwerk der Aufklärung. Neue Lektüren zu Johann Heinrich Merck, Berlin 2003; Leuschner, Ulrike: Johann Heinrich Merck. Hannover 2010 (Meteore 2); Johann Heinrich Merck: Briefwechsel. Hrsg. von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs. 5 Bde. Göttingen 2007; Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Ulrike Leuschner unter Mitarbeit von Amélie Krebs. Bd. 1: 1760-1775, Göttingen 2012; Bd. 3: 1776/1777, Göttingen 2012; Bd. 4: 1778, Göttingen 2013; Vogel, Christian: Johann Heinrich Mercks Berufsleben und dessen Ende im Freitod, Darmstadt und Assenheim 2017.