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Freie Vereinigung Darmstädter Künstler (FVDK)

Von 1898 bis 1940 bestehende Darmstädter Künstlervereinigung, die bis in die erste Hälfte der 1930er Jahre hinein eine bedeutende Rolle im Ausstellungswesen der Hessischen Landeshauptstadt spielte. Gegründet wurde die Freie Vereinigung Darmstädter Künstler (FVDK) 1898 auf Initiative des Malers Adolf Beyer nach dessen Rückkehr von seiner Münchner Ausbildungszeit bei Karl von Marr. Nach dem Vorbild der „Münchener Secession“ wollte die FVDK das Kunst- und Ausstellungsleben DAs wieder an die künstlerische Gegenwart heranführen, nachdem es zuletzt unter der Führung der Ortsgruppe der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft in Routine erstarrt war. Gründungsmitglieder der FVDK waren die Maler Wilhelm Bader, Eduard Selzam, Richard Hoelscher, Philotto Schäfer, Ludwig von Hofmann und der Bildhauer Ludwig Habich. In Zusammenarbeit mit dem Verleger Alexander Koch veranstaltete die FVDK noch 1898 in der Darmstädter Kunsthalle eine erste Ausstellung freier Kunst unter Einbeziehung zeitgenössischen Kunstgewerbes, die auch als Initialzündung für die Gründung der Künstlerkolonie DA und die damit verbundene öffentliche Förderung der Stilbewegung in DA interpretiert wird. Nach diesem ersten Auftritt und dem Zugewinn weiterer Mitglieder etablierte sich die FVDK rasch als einzige Darmstädter Künstlergruppe von Gewicht und Rang neben der Künstlerkolonie. V. a. das Ausstellungswesen freier Kunst beherrschte die Künstlergruppe bis Ende des Ersten Weltkriegs nahezu nach Belieben. Zu Beginn der 1920er Jahre verlor die FVDK die kunstpolitische Meinungsführerschaft an neue und übergeordnete Kräfte wie den Ständigen Rat zur Pflege der Kunst in Hessen und die 1921 von ihm organisierte Hessische Arbeitsgemeinschaft für bildende Kunst, in der nahezu alle Künstlerverbände Hessens Sitz und Stimme hatten – darunter auch die FVDK. Nach den Märzwahlen des Jahres 1933 gehörte die FVDK zu den ersten hessischen Künstlergruppen, die eine Ergebenheitsadresse an die nationalsozialistischen Machthaber richteten, gleichzeitig verkündete sie den wohl nicht freiwillig vollzogenen Austritt ihres jüdischen Mitglieds Erich Colm-Bialla. Dem gesinnungshaften Anschluss an den Nationalsozialismus diente auch das abermalige Arrangement der FVDK mit ihrem ehemaligen Vorsitzenden Adolf Beyer, der sich Mitte der 1920er Jahre aufgrund seiner reaktionären Kunstauffassung mit der FVDK entzweit hatte und seitdem nicht mehr als ihr aktives Mitglied in Erscheinung getreten war. Gemeinsam mit dem nunmehrigen NSDAP-Mitglied Beyer organisierte die FVDK 1934 die Deutsche Frühjahrsausstellung, die zugleich ihren letzten öffentlichen Auftritt als selbstständige Künstlergruppe markierte. 1940 vollzog sie ihre Selbstauflösung, da sie den von der Reichskammer der bildenden Künste erhobenen Zwangsbeitrag für Künstlergruppen nicht mehr aufbringen konnte. Die verbliebenen Mitglieder der FVDK traten danach der 1936 von OB Otto Christoph Wamboldt ins Leben gerufenen Darmstädter Künstlergemeinschaft bei. Die von der FVDK angelegte Kunstsammlung ging 1937 in der Städtischen Kunstsammlung DA auf. Nach einer Aufstellung aus dem Jahr 1930 hatte die FVDK seinerzeit 57 Mitglieder, von denen nur wenige in DA ansässig waren (Erich Colm-Bialla, Adolf Beyer, Richard Daenzer, Ernst Eimer, Richard Hoelscher, Heinz Hohmann, Leo Kayser, Julius Kaufmann, Annelise Reichmann, Walter Reitzel, Karl Scheld, August Soeder und Hans Vielmetter). Unter den einheimischen und korrespondierenden Mitgliedern der Gruppe wird man in dem gesamten Zeitraum ihres Bestehens vergeblich nach Parteigängern der zeitgenössischen künstlerischen Radikalität suchen. Die FVDK blieb demgegenüber immer ein Hort des realistisch orientierten und akademisch ausgebildeten künstlerischen Mainstreams. Aufgrund ihres hohen qualitativen Niveaus nahm sie gleichwohl immer ein qualifiziertes Urteil in künstlerischen Fragen für sich in Anspruch. Der Marburger Maler und Grafiker Otto Ubbelohde hat dieser programmatischen Doppelgesichtigkeit der FVDK treffenden Ausdruck verliehen, als er für die FVDK bald nach ihrer Gründung das Signet mit dem nach rückwärts gewandten Reiter schuf.