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Dedecius, Karl

Übersetzer
* 20.05.1921 Lodz/Polen
† 26.02.2016 Frankfurt/Main
Karl Dedecius besuchte in Lodz ein polnisches Gymnasium. Unmittelbar nach dem Abitur 1939 wurde er in den Arbeitsdienst und zum Kriegsdienst einberufen. Aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft wurde er 1950 nach Kranichfeld bei Weimar entlassen. In Weimar lernte er als Oberassistent und wissenschaftlicher Redakteur am Deutschen Theater-Institut den späteren Darmstädter OB Heinz Winfried Sabais kennen, 1952 siedelte Dedecius in die Bundesrepublik Deutschland über. 1953 bis 1978 war er bei der Allianz Versicherung in Frankfurt/Main als Prokurist und Abteilungsdirektor tätig. Neben seinem Brotberuf begann Dedecius in den 1950er Jahren mit der Übersetzung polnischer Literatur ins Deutsche. 1959 erschienen die ersten Buchveröffentlichungen mit Übersetzungen polnischer Lyrik und Aphoristik. Er avancierte zum wohl bedeutendsten deutschen Vermittler polnischer Literatur unserer Zeit. Dedecius übertrug über 100 Bücher. Besonders verdient machte er sich um die Werke der Literaturnobelpreisträger Czełsaw Miłosz und Wisława Szymborska, des Essayisten und Dramatikers Tadeusz Różewicz, der Lyriker Zbigniew Herbert und Adam Zagajewski sowie des Aphoristikers Stanisław Jerzy Lec. Große Verdienste erwarb sich Dedecius auch als Mitinitiator und Gründungsdirektor (1980-1997) des Deutschen Polen-Instituts, das nicht zuletzt aufgrund der jahrzehntelangen Bekanntschaft von Dedecius mit OB Sabais im Haus Olbrich auf der Mathildenhöhe seine Heimstatt fand. Dedecius gab hier die „Polnische Bibliothek“ (Suhrkamp, 50 Bände) und das „Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts“ (Ammann Verlag, 7 Bände, 1996-2000) heraus.

Dedecius war u. a. Mitglied des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen (Auswahl): 1965 Internationaler Übersetzerpreis des Polnischen P.E.N.-Clubs in Warschau, 1967 Übersetzerpreis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, 1986 Kulturpreis des Landes Hessen, 1986 Hessischer Verdienstorden, 1990 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1994 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern, 1999 Viadrina-Preis der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt an der Oder, 2002 Odra-Literaturpreis (Breslau), 2010 Deutscher Nationalpreis.

Lit.: Grözinger, Elvira / Lawaty, Andreas (Hrsg.): Suche die Meinung: Karl Dedecius, dem Übersetzer und Mittler zum 65. Geburtstag. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1986; Mack, Manfred (Hrsg.): Karl Dedecius und das Deutsche Polen-Institut. Laudationes, Berichte, Interviews, Gedichte, Darmstadt 1991.