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Büchner, Ludwig

Arzt, Philosoph, Politiker
* 29.03.1824 Darmstadt
† 01.05.1899 Darmstadt
Der Bruder von Georg und Luise Büchner studierte nach dem Besuch des Ludwig-Georgs-Gymnasium u. a. in Gießen Medizin (Promotion 1848). In dieser Zeit unterstützte er in Gießen und Frankfurt auf vielfältige Weise revolutionäre Vorstellungen und Aktivitäten. 1854 wurde Büchner Privatdozent in Tübingen und bereits 1855 erschien sein Erstlings- und Hauptwerk „Kraft und Stoff“. Darin entwickelte er auf naturwissenschaftlicher Basis ein rein materialistisches Weltbild, in dem allein Kraft und Stoff – im Grunde eine einander bedingende Einheit – bestimmend sind. Dieses Werk wurde (mit mehr als 20 Auflagen und zahlreichen Übersetzungen) überaus erfolgreich, löste aber heftige Kontroversen aus und hatte für Büchner den Entzug seiner Lehrerlaubnis an der Universität Tübingen zur Folge. Daraufhin arbeitete er in der väterlichen Praxis in DA als praktischer Arzt, war aber weiterhin publizistisch tätig. In zahlreichen Werken versuchte Büchner, Themen der Naturwissenschaft (insbesondere Darwin) und der Philosophie einem breiten Publikum in aufklärerischer Absicht nahe zu bringen (u. a. „Natur und Geist“ 1857; „Sechs Vorlesungen über die Darwinsche Theorie…“ 1868; „Aus dem Geistesleben der Tiere“ 1876; „Der Gottesbegriff und dessen Bedeutung in der Gegenwart“ 1874). Seine poetischen Versuche veröffentlichte er erst 1885 unter Pseudonym mit dem Titel „Der neue Hamlet“.

Darüber hinaus war Büchner in vielfältiger Weise politisch und sozial engagiert. So gründete er 1863 in DA den „Arbeiterbildungsverein“ und präsidierte der Frankfurter Arbeiterversammlung, in der Ferdinand Lasalle diese für den Beitritt in den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ gewann. Er nahm als Delegierter der Ersten Internationale auf deren Kongress 1867 in Lausanne teil und war auch Stadtverordneter sowie Abgeordneter im Hessischen Landtag. Überdies gründete er 1881 den „Deutschen Freidenkerbund“, 1883 „Die Gesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Kultur“ und war auch Mitbegründer des Damaschkeschen „Bundes für Bodenreform“. 1863 wurde Büchner als Nachfolger von Heinrich Felsing erster Sprecher der Turngemeinde DA, leitete deren Sanitätscorps und behandelte seit August 1870 Verwundete aus dem Deutsch-Französischen Krieg. Der Titel seines letzten Werks: „Im Dienste der Wahrheit“ (1899; mit einer Biografie von seinem Bruder Alexander Büchner) charakterisiert im Grunde Denken und Handeln Büchners, der allerdings heute weitgehend vergessen ist. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in DA. Die Ludwig-Büchner-Straße in Bessungen ist seit 1962 nach ihm benannt.

Lit.: Dreisbach-Olsen, Jutta: Ludwig Büchner. Diss. Marburg 1967; Berglar, Peter: Der neue Hamlet – Ludwig Büchner in seiner Zeit, Darmstadt 1978; Gröbel, Matthias: „Mann muss daher die Menschheit zu kultivieren suchen“ – Vorstellungen einer idealen Gesellschaft bei Ludwig Büchner. In: Georg Büchner und seine Zeit, 1813-1837, Ausstellungskatalog, Darmstadt 2012, S. 50-58; Gröbel, Matthias: Ludwig Büchner – Ein Heilssucher im Industriezeitalter. In: „Fortschritt der Menschheit in der Entwicklung des Menschen.“ Georg Büchners Geschwister in ihrem Jahrhundert, Darmstadt 2013, S. 234-411.