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Berndt, Otto

Maschinenbauingenieur
* 29.01.1857 Neuruppin
† 09.02.1940 Darmstadt
Otto Berndt wurde als Sohn eines Ingenieurs 1857 in der brandenburgischen Kleinstadt Neuruppin geboren. Von 1875 bis 1880 studierte er Maschinenbau an der Gewerbe-Akademie und der TH Berlin-Charlottenburg. Anschließend war er im Staatsdienst v.a. in der preußischen Eisenbahnverwaltung in Halberstadt und Magdeburg erfolgreich tätig. In dieser Zeit wurde er bereits mit Fragen der Materialprüfung konfrontiert. Als die TH Darmstadt
(TU Darmstadt) den 35-jährigen Berndt 1892 auf den Lehrstuhl für Maschinenkunde und Technologie als Nachfolger von Ernst Adolf Brauer (1851-1934) berief, gewann die Hochschule eine Person, die sich weit über seine wissenschaftliche Qualifikation hinaus fast fünf Jahrzehnte tatkräftig für ihren Ausbau und ihre Förderung engagierte. Berndt unterrichtete im Rahmen des Lehrstuhls Maschinenbau III die Fachgebiete Mechanische Technologie, Gaskraftmaschinen, Werkzeugmaschinen und Eisenbahnmaschinenwesen. Vier Jahre nach seinem Dienstantritt wurde das Lehrangebot um Veranstaltungen zur Untersuchung von Werkstoffen und Baustoffen für Studierende des Maschinenbaus und der Elektrotechnik erweitert. Das von ihm geleitete Maschinenbaulaboratorium III (Laboratorium für Gaskraft- und Werkzeugmaschinen) wurde durch den 1908 eingeweihten Neubau (Westflügel des Hauptgebäudes) von Georg Wickop erheblich erweitert. Außerdem war damit die Staatliche Materialprüfungsanstalt baulich mit der TH Darmstadt verbunden. Die Gasmaschinen, Werkstoffprüfmaschinen, Baustoffpressen und die Institutswerkstatt wurden in drei Hallengebäuden im Hof, hinter dem Neubau gelegen, untergebracht. Die Gründung einer mechanisch-technischen Materialprüfungsanstalt hatte Berndt mit Nachdruck seit Jahren angestrebt, so dass sie schließlich 1907 errichtet werden konnte. Unter seiner Leitung nahm diese Einrichtung eine rasante Entwicklung. Auf seine Initiative hin wurde auch ein Lehrstuhl für Wasserkraftmaschinen geschaffen, der 1897 von Adolf Pfarr besetzt wurde. Die Breite von Berndts wissenschaftlicher Arbeit macht die Regelung seiner Nachfolge deutlich. Als er zum 1. April 1927 emeritiert wurde, richtete die TH Darmstadt vier Lehrstühle ein: Wärmekraftmaschinen, Mechanische Technologie und Werkzeugmaschinen, Eisenbahnwesen und – als erste deutsche Hochschule – Werkstoffkunde.

Insgesamt acht Jahre war Berndt Dekan der Abteilung für Maschinenbau und von 1896 bis 1898 sowie im Kriegsjahr 1915/16 Rektor der TH Darmstadt. Auf seine Initiative wurde Mitte 1918 die „Vereinigung von Freunden der TH Darmstadt – Ernst-Ludwigs-Hochschulgesellschaft“ gegründet, deren Vorsitz er bis 1926 innehatte. Dank seiner besonderen Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit gelang es Berndt immer wieder, trotz der Wirtschaftskrisen nach dem Ersten Weltkrieg, die Industrie für die TH Darmstadt zu interessieren und ihr ansehnliche Fördermittel zu entlocken, so v. a. auch für den Umbau der ehemaligen Exerzierhalle an der Alexanderstraße zu einer dringend benötigten Turn- und Festhalle der TH Darmstadt. Seit ihrer Einweihung am 30.01.1926 trägt sie den Namen „Otto-Berndt-Halle“.

Für seine Verdienste erhielt Berndt zahlreiche Ehrungen. Bereits 1897 wurde er Geheimer Baurat. 1926 folgte der Titel eines Ehrensenators der TH Darmstadt. Die TH Karlsruhe verlieh ihm 1927 außerdem den Titel eines Dr.-Ing. e.h. Die Universität Frankfurt zeichnete ihn 1930 mit dem Titel eines Dr. rer. pol. ehrenhalber aus. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst der Hochschule, setzte sich Berndt für die Belange der TH Darmstadt ein. So war er 1929 Architekt des Ski- und Freizeitheimes in Hirschegg im Kleinwalsertal (s.a. Waldemar Petersen). Aus den von ihm gespendeten Mitteln wurde die an das Gebäude angrenzende Liegehalle errichtet. In den Jahren bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges setzte er sich im Auftrag der Vereinigung von Freunden der TH mehrfach für diese Liegenschaft ein. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Friedhof in DA. 2013 wurde an der Lichtwiese (Technische Universität, Standort Lichtwiese) die Otto-Berndt-Straße nach ihm benannt.

Lit.: Technische Bildung in Darmstadt. Die Entwicklung der Technischen Hochschule 1836-1986, 6 Bde., Darmstadt 1995-2000, Bd. 3, S. 76-79; Hampe, Manfred/Pahl, Gerhard (Hg.): Zur Geschichte des Maschinenbaus an der Technischen Universität Darmstadt, Düsseldorf 2008.