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Alice-Frauenvereine

Anfang Juni 1867 gründete ein aus sieben Frauen und vier Ärzten bestehendes Komitee unter dem Vorsitz der Prinzessin Alice den Alice-Frauenverein für Krankenpflege. Ziele des Vereins waren die Verbesserung der Krankenpflege und die Ausbildung von Krankenschwestern ohne konfessionelle Bindung. Der Verein übernahm die Kosten der vier bis fünf Monate dauernden Ausbildung. Die ausgebildeten Schwestern wurden anschließend als aktive Mitglieder in den Verein aufgenommen. Um 1870 hatte der Verein im Großherzogtum Hessen ca. 2.500 Mitglieder, die in 33 Lokalvereinen organisiert waren. Langjährige Vizepräsidentin des Alice-Frauenvereins für Krankenpflege war Wilhelmine Strecker. 1872 übernahm der Alice-Frauenverein für Krankenpflege das Spital in der Mauerstraße (Achteckiges Haus), wo außer der Versorgung der Kranken auch die Ausbildung von Pflegekräften eingerichtet wurde. Seit 1874 leitete die in England ausgebildete Charlotte Helmsdörfer die Schwesternausbildung. 1883 wurde das neu gebaute Krankenhaus des Vereins, das Alice-Hospital, in der Dieburger Straße eröffnet. 1894 trat der Alice-Frauenverein für Krankenpflege bzw. die Alice-Schwesternschaft mit ihren Mutterhäusern in DA, Mainz, Offenbach und Goddelau in den „Verband deutscher Krankenpflegeanstalten“ vom Roten Kreuz ein.

Ein zweiter Frauenverein, der auf die Initiative der Prinzessin Alice zurückgeht, war der Verein zur Förderung der weiblichen Industrie. Vize-Präsidentin dieses Vereins war Luise Büchner, die über die Arbeit der Alice-Vereine in der Presse regelmäßig berichtete. Kurz nach seiner Gründung eröffnete der Verein eine Verkaufsstelle für weibliche Handarbeiten, den Alice-Basar in der Wilhelminenstraße 31. Hier konnten Heimarbeiterinnen ihre Handarbeiten gegen einen angemessenen Lohn abliefern, die anschließend mit Hilfe der Vereinsmitglieder verkauft wurden. Neben dem Alice-Basar gründete der Verein, der ab ca. 1872 den Namen „Alice-Verein für Frauenbildung und Erwerb“ trug, das Alice-Lyzeum (1870) und eine Industrieschule für Mädchen (Aliceschule). Das Alice-Lyzeum veranstaltete für ältere und jüngere Frauen und Mädchen populärwissenschaftliche Vorträge. Als einzige weibliche Lehrkraft hielt dort Luise Büchner Geschichtsvorträge, die sie 1875 unter dem Titel „Deutsche Geschichte von 1815-1870“ veröffentlichte. Die Schule des Vereins richtete Kurse für weibliche Handarbeit ein, die von Mädchen aus DA und Umgebung besucht wurden. Der Verein sorgte auch für die Unterbringung von auswärtigen Schülerinnen bei Darmstädter Familien. 1875 richtete der Alice-Verein für Frauenbildung und Erwerb auch Kurse für Handarbeitslehrerinnen ein. Langjährige Leiterin der Handarbeitslehrerinnen-Seminare war Lisette Götz. Bis zum Ersten Weltkrieg wuchs das Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten ständig. 1912 übernahm Großherzogin Eleonore den Vorsitz der Alice-Frauenvereine. Zu ihren Ehren wurde die Schule des Alice-Vereins für Frauenbildung und Erwerb 1917 in Alice-Eleonoren-Schule umbenannt (Berufliches Schulwesen). Im Nationalsozialismus blieb nur der Alice-Frauenverein für Krankenpflege zusammen mit der Alice-Schwesternschaft vom Roten Kreuz bestehen. Der Alice-Verein für Frauenbildung und Erwerb löste sich 1934 auf. Die Lehrgänge der Alice-Eleonoren-Schule wurden teilweise von der Eleonorenschule übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Alice-Frauenvereine nicht wieder gegründet. Neu entstanden sind die Alice-Eleonoren-Schule als Mädchenberufsschule in der Trägerschaft der Stadt DA und die Alice-Schwesternschaft im Alice-Hospital.

Lit.: Schmidt, Agnes / Bahnschulte-Friebe, Ina (Hrsg.): Luise Büchner und die frühe Frauenbewegung in Darmstadt. Dokumentation zur Ausstellung vom 10. Oktober bis 28. November 2002, Darmstadt 2002; Die Alice-Vereine im Großherzogtum Hessen-Darmstadt (1867-1918), Festschrift anlässlich der Gründung der Alice-Frauenvereine in Darmstadt vor 150 Jahren (1867), hrsg. von Agnes Schmidt, Darmstadt 2017.