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Du Thil, Carl Wilhelm Heinrich du Bos Freiherr

Staatsminister
* 22.04.1777 Braunfels
† 17.05.1859 Darmstadt
Als Sohn eines braunschweigischen Offiziers hugenottischer Herkunft hatte Du Thil die Kinderjahre auf dem mütterlichen Hof Graß bei Hungen verbracht, dann u .a. die Stuttgarter Karlsschule besucht, in Tübingen und Göttingen Jura studiert und am Reichskammergericht in Wetzlar hospitiert, ehe er 1799 fürstlich solmsischer Assessor in Braunfels wurde. Wertvolle Lehrzeit war die Tätigkeit des jungen Regierungsrats als Sekretär des Darmstädter Ministers Barkhaus auf dem Regensburger Reichstag 1802/03. Nach einem bahnweisenden Gutachten über die Rechtsstellung der Juden im nunmehrigen Großherzogtum 1809 (Juden in DA) zum Geheimen Legationsrat ernannt, ging Du Thil zunächst in den Hofdienst und gewann als Oberschenk und Hofmarschall ein persönliches Vertrauensverhältnis zu Ludewig I., für den er Ende 1813 den Vertrag von Dörnigheim über den Anschluss an die Allianz gegen Napoleon schloss. Als hessischer Vertreter auf den Wiener Konferenzen 1819/20 kam er in engeren Kontakt mit Fürst Klemens Wenzel von Metternich.

Bald nach der Rückkehr zum Minister bestellt, übernahm er mit der endgültigen Regierungsbildung im Folgejahr die Ressorts Auswärtiges und Finanzen. Die Auswärtigen Angelegenheiten behielt er bei, als ihm nach Staatsminister Karl Ludwig von Grolmans Tod 1829 mit der Stelle des „dirigierenden Ministers“ das Innen- und Justizministerium übertragen wurde. Der Thronwechsel des Folgejahres verstärkte Du Thils Position. Sicher kein Verfechter des konstitutionellen Systems, wurde sein bürokratisch-autoritärer Führungsstil in den fast zwei Jahrzehnten der „Ära du Thil“ zum bevorzugten Hassobjekt der liberalen Opposition. Letztlich weniger reaktionär als der durch seine Stellung in der Ersten Kammer einflussreiche Prinz Emil, hatte er gleichwohl maßgeblichen Anteil an der notwendigen Neugestaltung von Staat und Verwaltung. In der März-Revolution 1848 entlassen, konzentrierte er sich in der Folgezeit vor allem auf die Bearbeitung seiner „Denkwürdigkeiten“, die mit ihren Anlagen die wohl wichtigste Quelle für den hessischen Vormärz bilden. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Friedhof in DA.

Lit.: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 4, S. 148-150; Ulmann, Heinrich (Hrsg.): Denkwürdigkeiten aus dem Dienstleben des Hessen-Darmstädtischen Staatsministers Freiherrn du Thil, Stuttgart/Berlin 1921; Darmstädter Ehrengräber, Darmstadt 2016 (Darmstädter Schriften 105), S. 47-50.