Stadtlexikon Darmstadt

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Darmstädter Wort

Bei dem so genannten „Darmstädter Wort“ geht es im Grunde um eine Fortsetzung des „Kirchenkampfes“ der NS-Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter veränderten politischen Bedingungen. Das zunächst von Hans-Joachim Iwand entworfene und durch Martin Niemöller, Karl Barth u. a. überarbeitete, aus vier Entwürfen kompilierte „Wort des Bruderrats der EKD zum politischen Weg unseres Volkes“ wurde am 08.08.1947 in DA von einer Minderheit des Bruderrats der EKD beschlossen. Es will das Stuttgarter Schuldbekenntnis der EKD vom Oktober 1945 in Richtung einer Absage z. B. an den deutschen Nationalismus, Nationalprotestantismus, Militarismus und Antikommunismus ausweiten. Neben dem damals üblichen Paradigmenwechsel von einem gemäßigt deutschnational-volkskirchlichen hin zu einem eher linken bekenntniskirchlichen Protestantismus spielten auch Impulse des religiösen Sozialismus, des Marxismus und des Linksliberalismus eine Rolle. Die Rezeption des Darmstädter Wortes blieb auf linksprotestantische Kreise (Kirchliche Bruderschaften, Friedens- und Ostermarschbewegung, Aktion Sühnezeichen, Ev. Studentengemeinden usw.) beschränkt. Selbst in Kreisen der damaligen Bekennenden Kirche war es (nicht nur im Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone) umstritten. Ein Wort zur Judenfrage bzw. zum Antisemitismus fehlte. Im Gegensatz zur Barmer Theologischen Erklärung von 1934 und zum Stuttgarter Schuldbekenntnis von 1945 rechnet die offizielle EKD das Darmstädter Wort nicht zu ihren Traditionen.

Lit.: Ludwig, Hartmut: Darmstädter Wort. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Sp. 581f.; Ritter, Adolf Martin: „Von Stuttgart nach Darmstadt“ oder „Über den Weg der Evangelischen Kirche im Nachkriegsdeutschland“. In: Ders.: Vom Glauben und seine Bewährung im Denken und Handeln, Mandelbachtal-Cambridge 2003, S. 295-316; Graf, Friedrich Wilhelm: Glaubenspathos, Lutherischer Dezisionismus, Totale Gemeinschaft. Hans Joachim Iwand. In: Ders.: Der heilige Zeitgeist, Tübingen 2011, S. 461-481.