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Bund für freie und angewandte Kunst

Am 08.02.1951 in DA gegründete Künstlervereinigung mit anfänglich 19 Mitgliedern, die sich meist aus dem ehemaligen Mitgliederkreis der Darmstädter Künstlergemeinschaft rekrutierten. Vor allem im ersten Jahrzehnt seines Bestehens trat der Bund für freie und angewandte Kunst als kunst- und kulturpolitische Kampforganisation in Erscheinung, die sich gegen die Bevorzugung der abstrakten Kunst im deutschen Kulturbetrieb der frühen 1950er Jahre wandte. Seit 1952 suchte der Bund für freie und angewandte Kunst Anschluss an sympathisierende deutsche Künstlergesellschaften, woraus das am 02.05.1954 in DA von 14 Vereinen gegründete und später erweiterte Kartell Deutscher Künstlervereinigungen hervorging. Wie der Bund für freie und angewandte Kunst wurde auch dieses Kartell geschäftsführend von dem in DA ansässigen ehemaligen Rektor Georg Schmidt geleitet. Von dem selbstverständlichen Engagement in Ausstellungsfragen einmal abgesehen, entfalteten der Bund für freie und angewandte Kunst und das Kartell während der 1950er Jahre eine für Künstlervereinigungen ungewöhnliche propagandistische Aktivität, um rechtskonservative Medien und Kulturorganisationen, wie etwa den Kulturkreis des BDI, in ihrem Sinne beeinflussen zu können. Das Auftreten des Bundes für freie und angewandte Kunst wie des Kartells löste in der süddeutschen Kulturszene Befremden aus, da der Inhalt ihrer programmatischen Manifeste Erinnerungen an die Kunstpolitik des Nationalsozialismus wachrief. Aus diesen Gründen verweigerte die Stadt DA dem Bund für freie und angewandte Kunst 1952 auch ihr Ausstellungsgebäude für die Veranstaltung einer ersten größeren Ausstellung, ließ dies aber auf Anraten des Kulturdezernenten Ernst Schroeder 1953 zu. Unter dem Eindruck der vernichtenden Pressekritik dieser Veranstaltung, v. a. aber unter dem Einfluss des seit 1953 im Amt befindlichen Kulturreferenten Heinz Winfried Sabais, der die Denkungsart des Bundes für freie und angewandte Kunst als totalitär bezeichnete und ablehnte, machte sich seit Ende 1954 eine differenziertere und distanziertere Haltung der Stadt zum Bund für freie und angewandte Kunst bemerkbar. Der Bund für freie und angewandte Kunst zog sich daraufhin bis 1962 vom Darmstädter Ausstellungswesen zurück, nur das Kartell der Künstlervereinigungen stellte 1958 einmal auf der Mathildenhöhe aus. Durch Neuzugänge wurde den beiden genannten Künstlerorganisationen seit den 1960er Jahren von innen heraus die Spitze ihrer kunstpolitischen Ambitionen genommen und sie wandelten sich zu mehr oder weniger unauffälligen Ausstellungsorganisationen für bildende Künstler, die anlässlich ihrer Ausstellungen regelmäßig von der Stadt DA bezuschusst wurden. Der noch in den 1990er Jahren aktive Bund für freie und angewandte Kunst hatte kunstpolitisch nichts mehr mit der Zeit seiner Anfänge zu tun, vertrat nun im Gegenteil ausdrücklich Künstler aller Richtungen.