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Büchner, Alexander

Literaturwissenschaftler, Schriftsteller
* 25.10.1827 Darmstadt
† 07.03.1904 Hannover
Alexander Büchner wurde als jüngstes der sieben Kinder des Medizinalrats Karl Ernst Büchner (1786-1861) und seiner Frau Caroline, geb. Reuß (1791-1858; s.a. Georg, Ludwig und Luise Büchner) geboren. Nach dem Abitur am Darmstädter Gymnasium studierte er seit 1845 Jura in Gießen und Heidelberg, hörte daneben auch literaturgeschichtliche Vorlesungen und promovierte 1848. Als Burschenschaftler beteiligte er sich aktiv am politischen Geschehen 1848/49 und überstand glücklich einen gegen ihn eingeleiteten Schwurgerichtsprozess. Von 1848 bis 1851 war Büchner Accessist am Darmstädter Hofgericht und am Amtsgericht Langen. Als er bei einer Reise nach London zur Weltausstellung mit politischen Emigranten Kontakt aufnahm, wurde er bei seiner Rückkehr in DA verhört und aus dem Staatsdienst entlassen, studierte danach in München und Zürich Literatur, Geschichte und Philosophie und habilitierte sich mit einer kommentierten Übersetzung von Lord Byrons „Childe Harold“ in Literaturwissenschaft. Die kaum einträgliche Lehrtätigkeit in Zürich gab Büchner bald auf, lebte eine Zeit lang bei seinem Bruder Ludwig in Tübingen und kehrte mit diesem 1854 nach DA zurück. Durch Vermittlung seines Darmstädter Freundes und Mitrevolutionärs Wilhelm Zimmermann erhielt Büchner im folgenden Jahr eine Lehrerstelle für Englisch und Französisch an einer kath. Privatschule in Valenciennes. Zwei Jahre später wechselte er an das dortige staatliche Collège communale und bestand 1860 die staatliche Eignungsprüfung für Deutschlehrer. 1862 fand er in Caen in der Normandie eine Anstellung zunächst als Deutschlehrer und 1867 als Professor für ausländische Literatur an der dortigen Universität, die er bis zu seiner Pensionierung 1897 innehatte. 1870 erwarb er die französische Staatsbürgerschaft. Büchner war regelmäßig in DA bei seiner Familie zu Besuch. Nachdem er, seit 1880 verwitwet, 1899 eine zweite Ehe mit der 24-jährigen Industriellentochter Martha Bahlsen aus Hannover eingegangen war, siedelte er 1900 nach dort über.

Büchner war vielfältig wissenschaftlich und schriftstellerisch tätig, verfasste u. a. eine zweibändige „Geschichte der englischen Poesie“ (DA 1855). Seinem besonderen Anliegen, Franzosen und Deutsche für die Literatur und Kultur des anderen Volkes zu interessieren, dienten neben literatur- und sprachwissenschaftlichen Werken („Französische Literaturbilder“, 1858; „Jean Paul in Frankreich“, in: Morgenblatt für gebildete Leser, 1863) zahlreiche Aufsätze in deutschen und französischen Zeitschriften. Für die von seiner Schwester Luise 1859 herausgegebenen „Dichterstimmen aus Heimat und Fremde“ besorgte Büchner die Auswahl der französischen und englischen Poesie. Aus Darmstädter Sicht sind neben einer Würdigung seines Bruders Ludwig (Einleitung zu dessen postum erschienenem Werk „Im Dienste der Wahrheit“, 1900) vor allem seine Kindheits- und Jugenderinnerungen interessant, veröffentlicht 1900 unter dem Titel „Das tolle Jahr. Vor, während und nach. Von einem, der nicht mehr toll ist“. Hier beschreibt Büchner seine Heimatstadt als „Pensionopolis“, bevölkert von langweiligen und behäbigen Beamten und Pensionären, und überliefert den oft zitierten Spruch: „So lang und breit die Rheinstraß’ ist, es wimmelt drin – ein Accessist.“ Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit veröffentlichte Büchner zwei Romane, mehrere Erzählungen und einen Gedichtband (z. B. „Der Wunderknabe von Bristol“, 1856; die Novellensammlung „Fidele Geschichten“, 1886) und gab Werke von Goethe, Schiller und Shakespeare heraus. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze über deutsche Literatur in französischen Zeitschriften, schrieb aber nie über die Werke seines Bruders Georg Büchner.

Lit.: Fertig, Ludwig (Hrsg.): Alexander Büchner. Ausgewählte Schriften. Mit einer Einleitung: Leben und Werk eines Ruhelosen, Darmstadt 2005; Lange, Thomas: Alexander Büchner, ein immer noch nicht bekehrter Demokrat im französischen Staatsdienst. In: Georg Büchner und seine Zeit, 1813-1837, Ausstellungskatalog, Darmstadt 2012, S. 59-67; Lange, Thomas: Vaterlandslos in zwei Nationen. Alexander Büchners Weg zwischen Deutschland und Frankreich. In: „Fortschritt der Menschheit in der Entwicklung des Menschen.“ Georg Büchners Geschwister in ihrem Jahrhundert, Darmstadt 2013, S. 412-543; Thomas Lange (Hrsg:): "Endlich wieder ein vernünftiges Wort von Mensch zu Mensch". Der Briefwechsel zwischen Alexander Büchner und Otto Adolf Ellissen 1883-1902), Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 186, Darmstadt und Marburg 2021.