Stadtlexikon Darmstadt

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Angelus, Johannes

Theologe
* 1542 Marburg
† 21.07.1608 Darmstadt
Der Sohn eines Marburger Schuhmachers, der seinen Geburtsnamen „Engel“ später zu „Angelus“ latinisierte, erlernte zunächst das Handwerk des Vaters, erhielt dann aufgrund seiner Begabung 1556 eine Stipendiatenstelle am Marburger Pädagog und studierte 1563 bis 1567 an der Marburger Universität Theologie. Nach einigen Jahren auf Reisen trat er 1571 kurz nach seiner Heirat mit der Marburger Bürgerstochter Elisabeth König seine erste Pfarrstelle in Groß-Gerau an. Im Juni 1578 wählten die Pfarrer der Obergrafschaft Katzenelnbogen Angelus einstimmig zum Nachfolger des verstorbenen Superintendenten (Kirchengeschichte) Johannes Voltzius und damit verbunden zum ersten Pfarrer an der Darmstädter Stadtkirche. Seine gewissenhafte Amtsführung wurde nicht nur von der Pfarrerschaft geschätzt, sondern auch von seinen Landesherren Georg I. und Ludwig V. Als bedeutendste Leistung von Angelus wird allgemein sein großes Schulgründungswerk angesehen, das ihm den Ehrennamen „Vater der hessischen Volksschule“ eintrug. Er errichtete in wenigen Jahren ein organisiertes Schulwesen und führte als Erster einen Schulzwang ein, indem er die Zulassung zur Konfirmation von einem, wenn auch noch so kurzen Schulbesuch abhängig machte, und indem er Theologieabsolventen erst zu Pfarrstellen zuließ, nachdem sie mehrere Jahre als Lehrer unterrichtet hatten. Bei seinem Tod waren jeder Pfarrort und viele kleinere Ortschaften mit Schulen ausgestattet, insgesamt über 30. In DA setzte sich Angelus für die Gründung einer Freischule für Waisen und Kinder armer Bewohner ein und förderte auch das höhere Schulwesen, v. a. die Darmstädter Lateinschule. Außerdem war Angelus einer der Initiatoren für die Gründung der Universität Gießen im Jahr 1607.
Einen Schatten auf sein Lebenswerk werfen sein glühender Antisemitismus und die Befürwortung von Hexenverfolgungen. Die sehr restriktive Hessen-Darmstädtische Judenordnung von 1585, die weit hinter andere Ordnungen zurückfiel und u. a. den Bau von Synagogen verbot, war wesentlich sein Werk (Juden in DA). Auch an der Welle von Hexenverbrennungen, denen zwischen 1582 und 1590 in DA mindestens 37 Menschen zum Opfer fielen, war Angelus beteiligt, wenn auch letztlich Landgraf Georg I. dafür verantwortlich war. So werden die Amtsführung und Lebensleistung des von seinen Zeitgenossen hoch verehrten Angelus, der nach seinem Tod 1608 in der Darmstädter Stadtkirche beigesetzt wurde, heute zwiespältig eingeschätzt.

Lit.: Diehl, Wilhelm: Johannes Angelus, der Vater der hessen-darmstädtischen Volksschule. In: Ders.: Aus vier Jahrhunderten. Volkswirtschaftliche Bilder aus Hessens Vergangenheit, Friedberg 1915 (Hessische Volksbücher 23).