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Alter, Hofmöbelfabrik

Der Tapezierer und Dekorateur Johann Justus Ludwig Alter (1847-1908) gründete 1871 einen handwerklichen Betrieb im Hintergebäude des Hauses Ernst-Ludwig-Straße 3. Nach mehreren Umzügen wurde der Firmensitz des dann auf den Verkauf von Polstermöbeln, Teppichen und Dekorationsstoffen spezialisierten Geschäfts 1884 in die Elisabethenstraße 34 verlegt, wo sich heute noch das auf der Pariser Weltausstellung von 1889 erworbene schmiedeeiserne Tor zur Hofeinfahrt erhalten hat. 1894 zerstörte ein Großbrand das Ausstellungsgebäude und der Geschäftsbetrieb musste vorübergehend in die Räumlichkeiten des unversehrten Wohnhauses verlegt werden, bis der von Karl Christian Rückert geplante Neubau mit 120 Musterzimmern und einer selbstständigen Abteilung für Teppiche, Möbelstoffe und Gardinen 1896 eröffnet werden konnte. Als weitere Stufe der Firmenentwicklung stellte das Unternehmen Möbel im eigenen Betrieb her. Zunächst mussten für diese sich stetig erweiternde Abteilung Hilfswerkstätten gemietet werden, 1906 wurde dann ein nach den Plänen des Architekten Karl Klee errichtetes Fabrikgebäude in der Kirschenallee 88 bezogen, in dem heute das Haus für Industriekultur untergebracht ist. Die Möbelfabrik Alter führte u. a. Möbelentwürfe der Jugendstilkünstler Albin Müller und Peter Behrens aus, die bei den Künstlerkolonie-Ausstellungen auf der Mathildenhöhe vorgestellt wurden. Daneben präsentierte das Unternehmen seine Produkte auf den Kunstgewerbeausstellungen in Turin und Moskau sowie auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. Nach dem Tod des Firmengründers Ludwig Alter übernahmen seine Kinder Frieda und Heinrich Alter sowie sein Schwiegersohn Emil Glöckler das Unternehmen. Von 1915 bis 1918 wurden in der Möbelfabrik Alter auch Kriegsfahrzeuge und Heeresgerät aller Art hergestellt, daneben spezialisierte man sich auf die Inspektion und Reparatur von Militärflugzeugen.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg lag der Schwerpunkt nicht allein auf der Möbelherstellung. In der Waggonabteilung des Unternehmens wurden Reparaturen und Umbauten an Eisenbahnpersonenwagen der Deutschen Reichsbahn, privater Eisenbahngesellschaften sowie belgischer Personenwagen vorgenommen. Beim 50-jährigen Firmenjubiläum 1921 beschäftigte die Firma Ludwig Alter 520 Arbeiter und Angestellte. In den nächsten Jahren geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine Beteiligung an der 1920 gegründeten Eisenbeton-Wagen-GmbH musste durch den Konkurs des Unternehmens bereits 1922 abgeschrieben werden. Die Möbelfabrik selbst geriet Mitte der 1920er Jahre in Schwierigkeiten. Die Möbelproduktion wurde 1929 stillgelegt, die AG 1936 aufgelöst. Das Fabrikgebäude in der Kirschenallee übernahm 1937 die Adam Opel AG. Endgültig liquidiert wurde die Firma Alter erst 1943. Im Ladengeschäft in der Elisabethenstraße 34 gründete der Kaufmann Heinrich Rossler unter Verwendung des alten Namens „Alter’s Möbeltransport KG“ eine Möbelspedition, die nach der Kriegszerstörung ab 1946 im Hohlen Weg weiter betrieben wurde.

Lit.: Denkschrift zum 50jährigen Geschäfts-Jubiläum des Hauses Ludwig Alter, Darmstadt 1921.